Alle Augen richten sich auf die US-Wahlen im November. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Auswirkungen auf die Märkte je nach Sieger sehr unterschiedlich ausfallen könnten.
Denn Plattformen und Persönlichkeiten beider Kandidaten unterscheiden sich in wesentlichen Punkten, etwa in Bezug auf die Fiskalpolitik (Wirtschaftswachstum), die Geldpolitik (Inflation) und die Handelspolitik (Nachfrage nach sicheren Anlagen).
Joe Biden plant, die grüne Wende in den USA zu verstärken und die Steuern für Unternehmen und Spitzenverdiener zu erhöhen; Donald Trump hingegen plant, die Umweltausgaben deutlich zu kürzen, Anreize für eine stärkere inländische Öl- und Gasproduktion zu schaffen und die Steuersätze zu senken.
Darüber hinaus hat Trump bereits vorgeschlagen, die US-Zollpolitik insbesondere gegenüber China zu verschärfen, sogar über die kürzlich eingeführten Zölle auf Waren im Zusammenhang mit sauberer Energie, Halbleitern und Metallen hinaus.
Der nahe liegende Schluss, über den Daumen gepeilt, ist, dass eine Präsidentschaft Donald Trumps – unter der Annahme einer geteilten Regierung («divided government») – kurzfristig eine stärkere Marktreaktion hervorrufen würde.
In den meisten Fällen hält Trump seine Politik für „stark“, aber wenn es um den Wert des Dollars geht, vertritt er schon lange eine andere Meinung.
Der ehemalige US-Präsident sagte nämlich neulich: «Wir haben ein Währungsproblem». Die Stärke des Dollars beeinträchtige die Wettbewerbsfähigkeit der US-Exporte. Und er verwies zugleich auf die Schwäche des Yen und des Yuan.
Dies weckt die Befürchtung, dass er im Falle eines Wahlsieges in diesem Jahr zu einer Schwächung des Greenbacks übergehen könnte.
Es ist jedoch nicht klar, wie Trump die Schwächung des Dollars angehen würde. Sein Finanzministerium (US-Schatzamt) könnte versuchen, Dollars zu verkaufen, um ausländische Währungen zu kaufen, oder die Fed zu überreden, einfach mehr Dollars zu drucken.
Die „starke-US-Dollar-Politik“ bezieht sich auf eine Reihe wirtschaftlicher und geldpolitischer Strategien, die darauf abzielen, den Wert und das internationale Ansehen des US-Dollars zu stärken oder zu erhalten. Dies kann verschiedene Maßnahmen umfassen, wie zum Beispiel:
Beibehaltung von Zinssätzen auf einem Niveau, das ausländische Investitionen in auf US-Dollar lautende Vermögenswerte anzieht.
Umsetzung einer staatlichen Ausgaben- und Fiskalpolitik, die wirtschaftliche Stabilität und Wachstum fördert und damit den Wert des Dollars stützt.
Förderung von Maßnahmen, die die Handelsbilanz der USA verbessern, wie z.B. die Aushandlung günstiger Handelsabkommen.
Direkte Interventionen an den Devisenmärkten zur Beeinflussung des Dollarkurses.
Die Annahme, dass ein US-Präsident für den starken Dollar ist, während ein anderer gegen den starken Dollar sein kann, ist etwas vereinfachend.
In der Praxis legen die US-Präsidenten die Geldpolitik nicht direkt fest, da dies die Aufgabe der Fed ist, einer unabhängigen Einrichtung. Allerdings können die Präsidenten das wirtschaftliche Umfeld über die Fiskalpolitik, Handelsabkommen und die Regulierungspolitik beeinflussen.
Brad Setser, der im Handelsbüro der Biden-Administration tätig war, sagte, das Trump-Vance-Team stehe vor einem „Kernwiderspruch“ in seiner wirtschaftlichen Agenda.
Der Mitarbeiter des Council on Foreign Relations wies darauf hin, dass die von Trump vorgeschlagenen Steuersenkungen wahrscheinlich das Haushaltsdefizit vergrößern und die Zinssätze in die Höhe treiben würden, was den Dollar stützen würde.
Gleichzeitig würde Trumps Handelsagenda höchstwahrscheinlich andere Länder ermutigen, ihre Währungen als Reaktion auf seine Zölle gegenüber dem Dollar zu schwächen.
„Wenn man andere Länder bestraft, ihnen Zölle auferlegt, den Wert ihrer Ausfuhren reduziert, führt das i.d.R. dazu, dass ihre Währungen schwächer werden“.
Lawrence H. Summers, der als Finanzminister in der Clinton-Regierung diente, sagte, dass ein Schritt zur Abwertung des Dollars zu einer „Stagflation“ führen könnte - wenn die Preise steigen und das Wachstum sich verlangsamt.
«Die Erhöhung von Zöllen und die Abwertung des Dollars sind selbst auferlegte Angebotsschocks».
Im Grunde genommen sind es die US-Staatsanleihen (UST), die die dominierende Reservewährung der Welt sind, nicht der Dollar, wie Brad Setser den Nagel auf den Kopf trifft.
Denn seit Jahrzehnten bieten US-Staatsanleihen im Allgemeinen auch höhere Renditen als ihre Konkurrenten - ein Ergebnis der allgemeinen wirtschaftlichen und demografischen Trends und der mangelnden staatlichen Kreditaufnahme in Deutschland (Stichwort: «fiscal austerity»).
Die Folge ist eine stetige Nachfrage von ausländischen „buy-and-hold“-Investoren wie Pensionsfonds und Lebensversicherungen.
Wie konnte aber die Anlegernachfrage mit einem so großen Angebot Schritt halten?
Ein wichtiger Grund ist, dass die Schatzanleihen immer noch eine angemessene Rendite für praktisch kein Risiko bieten, solange sie bis zur Fälligkeit gehalten werden.