Buchbesprechung:
John F. Weeks: The Debt Delusion – Living Within Our Means and Other Fallacies, Polity Press, 2020, UK.
Verschuldung, Defizit und fiskalische Sparmaßnahmen (fiscal austerity) gehören zu den Themen, über die in der Eurozone fortwährend lebhaft debattiert wird, und zwar seit der Einführung der Gemeinschaftswährung.
Im Wesentlichen stehen fünf Bausteine im Zentrum, die dazu beitragen, die Notwendigkeit von fiskalischen Sparmaßnahmen zu konstruieren.
Wir müssen im Rahmen unserer Möglichkeiten leben.
Die Regierungen müssen ihre Bücher ausgleichen.
Wir müssen unseren Gürtel enger schnallen.
Niemals Schulden machen.
Steuern sind eine Last.
Doch jeder ist ein Mythos, schreibt Prof. John F. Week in seinem lesenswerten Buch.
Die hauptsächliche Aussage des Autors ist, dass wir, wenn wir die Mythen durch Logik und Realität ersetzen, zu dem gegenteiligen Schluss kommen: Vergiss TINA (“There is no alternative”), es gibt eine Alternative.
Wichtig ist, sich von Anfang an zu vergegenwärtigen, dass es bei den Ausgaben und Steuern des öffentlichen Sektors in erster Linie um Politik und erst in zweiter Linie um die Wirtschaft geht.
Es gilt der Grundsatz, dass die öffentlichen Haushalte die Prioritäten der Gesellschaft widerspiegeln müssen, im Frieden und in normalen Zeiten ebenso wie in den seltenen und extremen Zeiten des Krieges. Die Maxime zeigt, dass das Argument «Gürtel-enger-schnallen», koste es, was es wolle, nicht zutrifft.
Das Wort "fiskalisch" hat seinen Ursprung im lateinischen Wort fiscus, was so viel wie Beutel, Korb oder Geldbeutel bedeutet. Das Wort wurde zur Bezeichnung für die römische Staatskasse genutzt. Somit hat "Fiskalpolitik" eine einfache Bedeutung: die Verwaltung der öffentlichen Gelder.
Der Autor definiert Schulden tautologisch als das Ergebnis, wenn wir nicht mit unseren Mitteln leben, d.h. nicht über die Runden kommen.
Das «Konzept der flachen Erde» bei der Budgetierung gilt nicht für Staaten, ob auf lokaler oder nationaler Ebene, deren Einkommen (ihre "Mittel") nicht festgelegt sind. Die "Mittel" sind eine politische Entscheidung. Die Befugnis, Steuern zu erheben, gibt die Möglichkeit, die "Mittel" zu bestimmen, mit denen ein Staat arbeitet.
Staaten, die über eine eigene Währung verfügen, können daher immer "über die Runden kommen", aber sie müssen ihre "Mittel" klug einsetzen. Wohl gemerkt: Das ist keine einfache Aufgabe.
Zu erklären, wie Regierungen und Zentralbanken diesen offensichtlichen Trick bewerkstelligen - über die Runden zu kommen, die für die Haushalte nicht zu schaffen sind - steht im Mittelpunkt der Mythenbekämpfung. Und dies gelingt dem Autor, der Leserschaft die Zusammenhänge in einfachen Worten ohne Fachjargon aufzuzeigen.
Wenn einige weniger als ihr Einkommen ausgeben, müssen andere mehr ausgeben als ihres. Es ist wirklich so einfach.
Unternehmen und Haushalte häufen in guten Zeiten Schulden an und zahlen sie in Rezessionen ab. Jedes andere Ergebnis wäre absurd. Die Einkommen wachsen während der Expansion und sinken während der Rezession.
Ob eine Schuld besichert ist und durch einen verkäuflichen Vermögenswert ausgeglichen wird, spielt bei jeder Verschuldung eine zentrale Rolle, ebenso wie die Unterscheidung zwischen Beständen und Strömen.
Für alle Arten von Kreditgebern und Kreditnehmern, Haushalten, Unternehmen und Regierungen sind Einnahmen und Ausgaben Ströme, und Schulden sind ein Bestand, der sich aus dem Gleichgewicht zwischen beiden ergibt.
Private Schulden fallen in zwei Kategorien: „besicherte“ Schulden, die der Haushalt zum Kauf eines Vermögenswerts wie ein Haus oder ein Auto abschließt, und „unbesicherte“ Schulden, die keinen damit verbundenen Vermögenswert haben.
In den USA fielen 2014 (neueste Zahlen) etwa 70 % der Haushaltsschulden in die besicherte Kategorie, fast alle in Hypotheken.
Eine wichtige Lektüre über die reale Rolle von Staatsausgaben, Steuern und Schulden im Hinblick auf die Funktion der Wirtschaft zum Wohl der gesamten Bevölkerung.