Die Renditekurve (yield curve), die die Renditen von US-Staatsanleihen über verschiedene Laufzeiten hinweg abbildet, gilt als Indikator für die Wetten der Anleger auf künftige Wachstumsaussichten.
Im Allgemeinen korrespondieren höhere längerfristige Anleiherenditen (und eine steilere Kurve) mit Optimismus über die längerfristigen Bedingungen.
Heute sehen wir einer flacheren Renditekurve gegenüber. So ist beispielsweise die Differenz zwischen den 2-jährigen und den 10-jährigen USTs im Dezember auf nur noch 75 Basispunkte gefallen. Heute beläuft sich der Wert auf 78 Basispunkte.
Wenn diese Differenz unter 0 fällt, stellen sich die Märkte i.d.R. auf eine Rezession ein.
Klar ist, dass aus Sicht der Fed eine flache oder umgekehrte (“invers”) Renditekurve unerwünscht ist.
Eine Lesart der flacheren Renditekurve ist die Erwartung, dass die Fed hinter der Kurve («behind the curve») liegt und abrupt auf die Bremse treten müsse (durch Zinserhöhungen), um die Inflation zu stoppen.
Doch wir wissen, dass die Fed mit dem neuen Ansatz AIT (average inflation targeting) ihre Bereitschaft hervorgehoben hat, vorübergehend zuzulassen, dass die Inflation das angepeilte Ziel von 2% überschreitet.
Ende November hat Fed-Chef Jerome Powell erklärt, dass er ab sofort auf die Verwendung des Wortes «vorübergehend» verzichtet, weil die Fed sich nun anschickt, das “Tapering” voranzubringen. Das heisst, dass die US-Notenbank demnächst mit der schrittweisen Drosselung der Anleihe-Käufe beginnen will.
Der Begriff «vorübergehend» sollte u.a. dazu dienen, eine Verbindung zwischen der höheren Inflation und den besonderen Störungen von COVID-19 herzustellen.
Wenn aber die Marktteilnehmer Mühe hätten, zu verstehen, was genau «vorübergehend» bedeutet, dann müsste die Fed den Begriff angesichts einer effektiven Kommunikation nicht mehr nachdrücklich aussprechen.
Das ist nun geschehen.
Was besagt aber der Terminal Rate heute?
Die Marktpreise für den Terminal Rate ("Endsatz"), d. h. den Leitzins, bei dem die Straffung (“tightening”) endet, liegen bei 2,0%. Er liegt auch 160 Basispunkte hinter dem «Terminal Rate» des letzten Zyklus zurück, ganz zu schweigen davon, dass er 50 Basispunkte unter dem Wert vom Januar liegt.
Morgan Stanley Ökonomen vertreten die Ansicht, dass der Wert 2,0% zu niedrig sei. Ihre Schätzung lautet 2,50%.
Historisch gesehen korreliert der Terminal Rate mit dem 12-Monats-Tempo der Zinserhöhungen und damit auch mit der Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen.
Der jüngste Zusammenbruch dieses Verhältnisses sorgt nun für Diskussionen unter den Anlegern.
Sollte der Anleihemarkt jedoch Recht haben und die Fed eine so restriktive Haltung einnehmen, besteht das Risiko einer Wachstumsflaute oder gar einer Rezession.
Die entscheidende Frage ist, welches Problem die Anhänger einer Zinserhöhung gerade lösen wollen, und durch welche effektive Kanäle? Es ist spannend, zu beobachten, wie die Fed heute dazu Stellung nehmen wird.