Subtracting Government Spending from GDP
A Questionable Methodology versus The Reality of the Economy
(in German)
US-Handelsminister Howard Lutnick sagte am Sonntag, er werde die Staatsausgaben aus dem Bericht über das Bruttoinlandsprodukt (BIP) herausnehmen.
Er gab aber keinen Hinweis darauf, wie bald diese Änderung eintreten könnte. Lutnicks Erläuterung über die Gründe für die Herausnahme der Staatsausgaben aus dem BIP ist kurz gefasst wie folgt:
„Wenn die Regierung einen Panzer kauft, ist das ein BIP, aber 1.000 Menschen dafür zu bezahlen, dass sie über den Kauf eines Panzers nachdenken, ist kein BIP.“
Eine Änderung der derzeitigen Struktur der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung würde es wesentlich erschweren, ein klares Bild von der Gesundheit der Wirtschaft zu bekommen, was zu mehr Unsicherheit führen würde, da das BIP dadurch sehr unbeständig würde.

Es ist zudem ein offenes Geheimnis, dass das dem Aktienmarkt und den Finanzmärkten nicht gefiele, zumal die Betrachtung des privaten Sektors allein kein vollständiges Bild des Wachstums vermitteln würde.
Die Ausgaben der US-Bundesregierung machen laut Reuters etwa 6,5% des BIP aus: sie trugen im vierten Quartal 0,25% zur annualisierten Wachstumsrate der Wirtschaft von 2,3 % bei, was hauptsächlich auf die Verteidigungsausgaben zurückzuführen ist.
Doch Lutnicks Statement würde eine erhebliche Abweichung von den international anerkannten Standards der volkswirtschaftlichen Rechnungslegung bedeuten.

Während die separate Erfassung des BIP des privaten Sektors als ergänzende Messgröße nützlich sein könnte, wäre die Ersetzung der Standard-BIP-Berechnung unter Wirtschaftswissenschaftlern höchst umstritten und würde wahrscheinlich zu Verwirrung in der Wirtschaftsberichterstattung und -analyse führen.
Zur Erinnerung: Die Staatsausgaben spielen eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Realwirtschaft.
Einfach ausgedrückt ist das BIP der gesamte Geldwert aller Waren und Dienstleistungen, die innerhalb der Grenzen eines Landes in einem bestimmten Zeitraum produziert werden. Es umfasst Konsum, Investitionen, Nettoexporte und Staatsausgaben.

Die Rolle der Staatsausgaben in Relation zum BIP beinhalten folgende Aspekte:
1. Direkter Beitrag zum BIP: Die Staatsausgaben sind eine direkte Komponente des BIP. Wenn die Regierung Waren und Dienstleistungen kauft (z.B. Infrastrukturprojekte, Verteidigung, Gesundheitswesen, Bildung), steigert dies direkt die Wirtschaftstätigkeit, was wiederum das BIP erhöht.
2. Stimulierung der Nachfrage: In Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs oder der Rezession können staatliche Ausgaben als Anreiz («stimulus») wirken. So werden beispielsweise durch höhere Staatsausgaben für Infrastrukturprojekte Arbeitsplätze geschaffen, was zu höheren Einkommen und Verbraucherausgaben führt und einen Dominoeffekt auslöst, der andere Wirtschaftssektoren ankurbelt.
3. Multiplikatoreffekt: Staatsausgaben können einen Multiplikatoreffekt auslösen, bei dem ein anfänglicher Anstieg der Ausgaben zu einem weiteren Anstieg der Wirtschaftstätigkeit führt, da die Unternehmen auf die höhere Nachfrage mit einer Steigerung der Produktion, der Einstellung von mehr Arbeitnehmern usw. reagieren.
4. Stabilisierung der Wirtschaft: Durch die Finanzpolitik können die Regierungen ihre Ausgaben anpassen, um die Wirtschaftszyklen zu glätten. In Rezessionen können höhere Staatsausgaben Arbeitsplatzverluste und eine geringere Verbrauchernachfrage abmildern, während sie in Boomzeiten zur Abkühlung der Wirtschaft und zur Vermeidung von Inflation beitragen können.

Was nun die Idee betrifft, die Staatsausgaben vom BIP abzuziehen, wie es der US-Handelsminister Howard Lutnick vorschlägt, so gibt es mehrere Vor- und Nachteile zu berücksichtigen.
Die Befürworter dieses Ansatzes argumentieren, dass die Staatsausgaben oft nicht zu einer direkten wirtschaftlichen Produktivität führen (z. B. tragen Staatsausgaben für Sozialleistungen oder Verteidigung nicht unmittelbar zu einer marktbestimmten Produktivität bei), so dass ihr Ausschluss ein „reineres“ Maß für das durch Initiativen des privaten Sektors bedingte Wirtschaftswachstum ergeben könnte.
Doch Nachteile der Subtraktion der Staatsausgaben vom BIP überwiegen:
1. Verzerrung der Wirtschaftstätigkeit: Die Staatsausgaben machen einen erheblichen Teil des BIP aus, insbesondere in modernen Volkswirtschaften. So sind beispielsweise öffentliche Infrastrukturprojekte, Bildung und Gesundheitsversorgung integrale Bestandteile einer funktionierenden Wirtschaft.
Die Nichtberücksichtigung dieser Ausgaben würde das wahre Bild der Wirtschaftsleistung und der Rolle des öffentlichen Sektors bei der Förderung des wirtschaftlichen Wohlstands verzerren.
2. Auswirkungen auf die Reaktion auf Rezessionen: Die Staatsausgaben spielen oft eine entscheidende Rolle bei der Abmilderung von Rezessionen. Wenn man sie aus dem BIP herausnimmt, könnte man möglicherweise die Bedeutung der Finanzpolitik bei der Stabilisierung der Wirtschaft in Abschwungphasen herunterspielen.
3. Schwächung der politischen Analyse: Die Regierungen verwenden das BIP als Maßstab, um zu beurteilen, ob die Politik funktioniert. Die Herausnahme der Staatsausgaben könnte zu Verwirrung über die tatsächlichen Auswirkungen der Steuerpolitik führen.
Es könnte schwieriger werden, den Erfolg von Programmen zu verfolgen, die darauf abzielen, Beschäftigung, Infrastruktur und öffentliche Güter zu verbessern.

Fazit:
Die Nichtberücksichtigung der Staatsausgaben würde nicht nur die Realität der Wirtschaft verzerren, in der der öffentliche und der private Sektor eng miteinander verflochten sind, sondern könnte auch die Wirksamkeit finanzpolitischer Maßnahmen zur Stabilisierung oder Ankurbelung der Wirtschaft verringern.
Im Allgemeinen bietet das BIP, so wie es derzeit berechnet wird, einen umfassenden Überblick über die Wirtschaftstätigkeit eines Landes, und die Staatsausgaben spielen in diesem Bild eine entscheidende Rolle, insbesondere in modernen Volkswirtschaften, in denen staatliche Eingriffe für Stabilität und Wachstum entscheidend sind.
