Sayonara Japan - Germany is Now World’s Largest Creditor
Eurozone as a Whole Remains Unbalanced
(in German)
Wie Bloomberg berichtet, übertrifft Deutschland Japan als größte Gläubigernation der Welt.
Diese Entwicklung, dass Deutschland Japan als weltgrößte Gläubigernation abgelöst hat, ist mehr als nur symbolisch: sie hat tiefgreifende Auswirkungen auf die globale Debatte über Handelsungleichgewichte, insbesondere innerhalb Europas und zwischen Europa und den USA.
Schauen wir uns das genauer an.
Was bedeutet es, die größte Gläubigernation zu sein?
- Eine Gläubigernation besitzt mehr Auslandsvermögen als sie dem Rest der Welt schuldet.
- Dass Deutschland diesen Status erreicht hat - und sogar Japan übertrifft zeigt, wie groß und beständig seine Leistungsbilanz-Überschüsse geworden sind.
- Der Überschuss von 248,7 Milliarden Euro im Jahr 2024 spiegelt die Tatsache wider, dass Deutschland Jahr für Jahr weit mehr exportiert als importiert.
Warum?

Eine der Implikationen für die Debatte über das globale Handelsungleichgewicht ist sicherlich der erneute Druck auf Deutschland durch die Partner der Eurozone.
Länder wie Frankreich, Italien und Spanien kritisieren seit langem Deutschlands exportorientiertes Wachstumsmodell mit dem Argument, dass es die Nachfrage in der gesamten Eurozone dämpft.
Der große Überschuss Deutschlands drückt die Gesamtnachfrage in der EU durch:
Begrenzung des Lohnwachstums
Vermeiden einer fiskalischen Expansion
Übermäßige Abhängigkeit von der Auslandsnachfrage

Es ist daher zu erwarten, dass der politische Druck auf Deutschland zunimmt, das Gleichgewicht wiederherzustellen - durch mehr Inlandsausgaben, Lohnwachstum oder Investitionen.
Auch die US-Kritik an der europäischen Wirtschaftspolitik dürfte wachsen.
US-Beamte (quer durch alle Regierungen) haben den deutschen Überschuss als strukturelle Verzerrung kritisiert, die:
den Euro nach unten zieht
den US-Exporteuren schadet
zu globalen Ungleichgewichten beiträgt
Da Deutschland nun Japan überholt hat, könnten sich die Beschwerden der USA verstärken, insbesondere in einem Klima der Industriepolitik und des wirtschaftlichen Nationalismus.

Und die Eurozone als Ganzes bleibt unausgeglichen:
- Der deutsche Überschuss wird nicht durch Defizite in Ländern außerhalb der Eurozone ausgeglichen, sondern durch Defizite innerhalb der Eurozone.
- Die südlichen Mitglieder der Eurozone importieren de facto einen deflationären Druck aus Deutschland.
- Die EZB befindet sich dann in der Zwickmühle zwischen unterschiedlichen Bedürfnissen: Stimulierung für den Süden, Zurückhaltung für den Norden.
Und dies untergräbt den Zusammenhalt innerhalb der Eurozone und schürt die politische Unzufriedenheit in den Defizitländern.
Ferner dürfte der breitere Kontext auch die Debatte über Neo-Merkantilismus wieder aufflammen lassen.

Denn die Position Deutschlands wirft ohne weiteres grundlegende Fragen auf:
- Ist es gesund, anhaltende Überschüsse zu erwirtschaften, oder handelt es sich dabei um eine Form der Politik des „beggar-thy-neighbor“?
- Sollte es globale Regeln oder Sanktionen für chronische Überschussländer geben (wie Keynes einst vorschlug)?
- Fördert die fiskalische Austerität der Eurozone externe Ungleichgewichte durch Unterdrückung der internen Nachfrage?
Wissenschaftler, internationale Institutionen und US-Politiker dürften vor diesem Hintergrund danach rufen.
- Deutschland soll die Binnennachfrage ankurbeln,
- die EU, die fiskalischen Regeln zu überprüfen, und
- den IWF, seinen Überwachungsschwerpunkt zu überdenken, der die Überschussländer oft ignoriert hat.
Die Tatsache, dass Deutschland zum größten Gläubiger der Welt geworden ist, verdeutlicht eine tiefe und ungelöste globale Spannung:
Exportüberschüsse in einigen Ländern führen zu Defiziten in anderen.
In dem Maße, in dem Deutschlands Überschuss wächst, wird der Druck auf das Land zunehmen, mehr Verantwortung für den globalen Ausgleich zu übernehmen - sowohl innerhalb der EU als auch weltweit. Ob Berlin darauf hört, ist eine andere Frage.