Die EU hat einstimmig beschlossen, als Reaktion auf Russlands Einmarsch in die Ukraine Sanktionen gegen Moskau zu verhängen.
Warum das wirtschaftliche und finanzielle Sanktionspaket Vergeltung auslösen kann, ist inzwischen allgemeinen bekannt: die starke Abhängigkeit Europas von russischen Energie-Einfuhren.
Wenn die EU versuchen würde, den Handel mit Russland ganz abzubrechen, wären die Folgen Preisanstiege und Verknappung.
Berlin handelt daher aus einer Position der Schwäche.
Doch Olaf Scholz vollzieht nun einen grossen Schwenk, der langjährige Beobachter von Berlin beispiellos verblüfft.
Bundeskanzler nennt es eine «Zeitenwende».
Ein Sondervermögen Bundeswehr soll eingerichtet werden, ausgestattet mit 100 Mrd. EUR. Die Mittel werden für notwendige Investitionen genutzt.
Es geht darum, «technologisch auf der Höhe der Zeit» zu bleiben. Mit Umsteuern soll auch die Importabhängigkeit von einzelnen Energielieferanten überwunden werden.
Kurzum: Die Wirtschaft ist auf staatliche Konjunkturprogramme (stimulus) angewiesen.
Warum erholen sich Volkswirtschaften nicht schnell von Zusammenbrüchen?
Die revolutionäre Erkenntnis von Keynes war, dass kapitalistische Marktwirtschaften nicht automatisch zur Vollbeschäftigung tendieren.
Eine der Hauptursachen für lange Konjunktureinbrüche ist ungenutztes Geld: Unternehmen bauen Bargeldbestände auf, anstatt die Ersparnisse aufzunehmen und zu investieren.
Jeder Produzent ist aber auch ein Konsument.
Laut Keynes liegt es auf der Hand, dass daraus eine Abwärtsspirale entsteht, wenn alle Sektoren (Unternehmen, private Haushalte und die öffentliche Hand) gleichzeitig versuchen, zu sparen bzw. Schulden abzubauen.
Die ganze Welt erlebt heute angesichts des Russland-Ukraine Konflikts live, wie Deutschland zum Opfer des eigenen restriktiven Kurses in Sachen Fiskalpolitik geworden ist.
Der Grund ist das Konzept des ausgeglichenen Haushalts (balanced-budget), der im Euro-Raum einen Kultstatus geniesst.
Deutschlands ausgeglichene Haushalte haben dem Land “keinen Wohlfahrtsvorrat” verschaffen, auf den es jetzt in der Krise zurückgreifen könnte, wie Joe Weisenthal von Bloomberg es zum Ausdruck bringt.
M.a.W. ist die fiskalische Austerität (in Form von z.B. «schwarze Null») der Preis dafür, dass Deutschland heute nicht über eine leistungsfähige Landesverteidigung verfügt, eine strategische Sicherung von Rohstoffen nicht gewährleisten kann und keiner robusten Infrastruktur gegenüberblickt.
Die jahrelange Unterinvestitionen entpuppen sich als eine kostspielige Belastung, sozialer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht.
Bundeskanzler Scholz schickt sich vor diesem Hintergrund an, überfällige Investitionen endlich voranzubringen.
Die Welt möge zur Kenntnis nehmen: Deutschland hat sich fast über Nacht verändert, dank Putins nackter Aggression, kommentiert Andreas Kluth in seiner Bloomberg-Kolumne.
Fazit: Geld ist nicht knapp.