Russische Invasion in der Ukraine und US-Dollar als globale Reservewährung
Russian invasion of Ukraine and the exorbitant privilege of US-Dollar
Russlands Überfall auf die Ukraine hat das Thema Sanktionen ins Zentrum der politischen Debatte gebracht.
Die Entscheidungsträger sind sich weitgehend einig, auf das Geschehen um den russischen Einmarsch in die Ukraine sofort mit Sanktionen zu reagieren. Sanktionen lösen aber Vergeltung aus. Es gilt daher, darauf zu achten, dass eine Eskalation vermieden wird.
Da beispielsweise ein möglicher Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT die Kosten für globale Unternehmen, die mit Russland Geschäfte machen, erhöhen würden, schliesst der Westen «SWIFT» aus der Liste der Sanktionen vorerst aus.
Der Vorgang «Sanktionen» ist in der Tat komplex und vielschichtig. Es ist daher zu hoffen, dass sich kühlere Köpfe im ganzen Konflikt durchsetzen und dass Menschen verschont bleiben.
Eine interessante Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, was passiert, wenn Russland nun keine US-Staatsanleihen mehr kaufen würde? Was wären die Folgen für das so genannte "exorbitant privilege"?
Der Begriff «exorbitantes Privileg» bezieht sich auf die Vorteile, die die Vereinigten Staaten aufgrund ihrer eigenen Währung (US-Dollar) als internationale Reservewährung haben.
Es ist jedoch wichtig, vorerst ins Auge zu fassen, dass der Ankauf von US-Treasuries (UST: US-Staatsanleihen) durch ausländische Zentralbanken,
nicht unmittelbar zu einem Rückgang der Zinsen in den USA führt,
US-Investitionen nicht zu Gute kommt,
das amerikanische Wirtschaftswachstum nicht fördert.
Die USA brauchen keine ausländische Hilfe bei der Finanzierung ihres Finanzdefizits.
Aber der ganze Prozess zwingt das Empfängerland i.d.R. dazu, über ihre Verhältnisse zu konsumieren. Ersparnisse = BIP – Verbrauch.
Im Allgemeinen gilt, dass die Nettokapitalströme von einem Land in ein anderes die Empfänger dazu veranlassen, zwischen höherer Verschuldung oder höherer Arbeitslosigkeit zu wählen. Das ist eine makroökonomische Rechnungslegungsidentitäten.
Wenn ausländische Zentralbanken am Devisenmarkt intervenieren (als Nettokäufer von USD), erhöhen sie automatisch ihre Sparquote, indem sie den Verbrauch der Haushalte senken.
Da ihre Ersparnisse steigen, muss der Überschuss exportiert werden, und zwar in Form von Zentralbankkäufen von UST.
Wenn ein Land anderen Ländern erlaubt, seine Staatsanleihen übermäßig zu kaufen, muss das "Reservewährungsland" den Preis dafür zahlen, dass es zwischen steigender Arbeitslosigkeit und steigenden Schulden wählen muss.
Das ist keine Magie, sondern, was der Zahlungsbilanz Mechanismus nahelegt, zu verstehen. Leistungsbilanz + Kapitalbilanz = Null.
Denn der Kauf von Staatsanleihen durch andere Länder bedeutet, dass der USD an Wert gewinnt, das Handelsdefizit steigt und der private Konsum die Produktion übersteigt.
Und das bedeutet, über seine Verhältnisse zu leben.
Aus diesem Grund lehnen Japan und China ein so genanntes "exorbitantes Privileg" für sich ab.
Japan verkauft seine eigene Landeswährung, den Yen.
China schränkt den Kauf chinesischer Staatsanleihen durch ausländische Investoren ein.
In den Worten von Prof. Michael Pettis ist das "exorbitante Privileg" kein Segen.
Aus Sicht der USA wäre es daher kein "Verlust", wenn Russland (aber auch China) keine UST mehr kaufen würde.
Länder mit großen Handelsüberschüssen (z.B. China und Deutschland) sind Nettoabsorber der globalen Nachfrage, keine Wachstumsmotoren.
Verzerrungen des privaten Verbrauchs in einem Land können zu verzerrten Ersparnissen in einem anderen Land führen. Was helfen wird, ist ein Ausgleich der Kluft zwischen inländischen Ersparnissen und inländischen Investitionen.