Das Risiko, dass die Wirtschaft im nächsten Jahr in eine Rezession gerät, beläuft sich auf 30% in den USA, 40% in der Eurozone und 45% im Vereinigten Königreich.
Goldman Sachs beleuchtet die wichtigsten Fakten über die Häufigkeit und Schwere von Rezessionen und analysiert 77 Rezessionen in fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit 1961.
Die subjektiven Rezessionswahrscheinlichkeiten der US-Investmentbank sind deutlich höher als die durchschnittliche unbedingte jährliche Wahrscheinlichkeit von 15%, dass fortgeschrittene Volkswirtschaften seit den 1960er Jahren in eine Rezession geraten.
Es ist wichtig, zu beobachten, dass die Arbeitslosenquote in der mittleren Rezession in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit den 60er Jahren um 2,7% gestiegen ist.
Ein wichtiger Befund der Analyse von Goldman Sachs ist, dass die Länder mit einem stärkeren Anstieg der Arbeitslosenquote auch dazu neigen, seltener in Rezessionen zu verfallen - darunter das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Schweden.
In Ländern mit einem geringeren Anstieg der Arbeitslosenquote kommt es dagegen häufiger zu Rezessionen, wie in Deutschland, Italien und Japan.
Ferner hebt Goldman Sachs hervor, dass ein hohes Wachstum der Lohnstückkosten und hohe Kerninflation - und große kumulative Erhöhungen des Leitzinses oft schweren Rezessionen vorausgehen.
Warum der Grund für diesen engen Zusammenhang (zwischen Lohnstückkosten und Inflation) auf der Hand liegt, hat Patrick Kaczmarczyk neulich in einem lesenswerten Artikel bei Makronom erläutert.
Doppelfunktion des Lohns: 1) Der wichtigste Kostenfaktor für die Unternehmen und 2) Nachfragedeterminante; Menschen sind zum Verbrauch auf ihr Einkommen angewiesen.
Erkenntnis: Die Preisstabilität kann nur durch eine Lohnpolitik erreicht werden, wie EZB-Chefökonom Philip Lane im Mai darauf hingedeutet hat:
Die «goldene Lohnregel» bedeutet, dass die nominalen Löhne so stark steigen wie die zu erwartenden Produktivität und die Zielinflationsrate der Zentralbank.
Heute haben die Arbeitnehmer sinkende Realeinkommen, was eigentlich zu einer Konsumkrise führen müsste.
Die Beschäftigung ist wichtig, weil die Sicherheit der Arbeitsplätze die Grundlage für die wirtschaftliche Erholung ist, wie Paul Donovan, UBS bekräftigt.
Auch Paul Krugman vertritt in seiner Kolumne bei NYTimes die Ansicht, dass die Fed zu lange an ihrer Hartgeldpolitik festhalten und eine unnötige Rezession heraufbeschwören könnte.
Sichere Arbeitsplätze geben den Menschen das Vertrauen, jeden Monat weniger zu sparen, so dass sie mehr ausgeben können, was den Nachfragerückgang verlangsamt.
Die Gefährdung durch den Krieg in der Ukraine und das Risiko von Engpässen bei der Energieversorgung zeichnen heute ein relativ negatives Bild für Deutschland und Italien, insbesondere wegen möglicher Gasabschaltungen im Winter.
Fazit:
Die heutige Inflation wird weitgehend durch angebotsseitige Beschränkungen verursacht, die angebotsseitige Lösungen erfordern - diese dürfen laut Joseph Stiglitz nicht auf Kosten der Menschen mit Niedrig-Einkommen gehen.
Eine Rezession à la Volcker zu fordern, ist daher völlig vermessen.
Der im Herbst 1979 von Jimmy Carter zum Fed-Vorsitzenden ernannte Paul Volcker hatte rasch auf die Bremse der Wirtschaft getreten und die Zinssätze zeitweise auf 20% erhöht.
Dies war ein enormer Schock für die Wirtschaft und hat den USA die schlimmste Rezession seit der Großen Depression beschert. Die Arbeitslosenquote hat einen Höchststand von 11% erreicht.
Bitte deshalb Vorsicht, erneut eine Rezession im Stil von Volcker zu fordern.