L Randall Wray: Money for Beginners – An Illustrated Guide, Polity Press, 2023, Cambridge, UK.
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gilt als das "Goldene Zeitalter des Kapitalismus" (der Begriff war von Eric Hobsbawn geprägt), nicht nur für die reichen Länder, sondern auch für die Entwicklungsländer, eine Periode des hohen Produktivitätswachstums und des sozialen Ausgleichs: eine Allianz zwischen dem Faktor Arbeit und dem Faktor Kapital, sozusagen.
Der Goldstandard war durch das sog. Bretton-Woods-Systems ersetzt. Und die vorherrschende Vorstellung war von der Geistesstärke geleitet, sich mit Themen wie Ungleichheit, Rassismus und Diskriminierung von Farbigen, Frauen, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen auseinanderzusetzen.
Doch es kam zu einem Wandel in den 1980er Jahren.
Eine angebotsorientierte Wirtschaftstheorie, welche staatlichen Konjunkturprogrammen und Investitionen widerspricht, hat die Oberhand gewonnen.
In der Hauptsache wurde eine Reihe von radikalen Massnahmen (wirtschaftlich und politisch) von Ronald Reagan in den USA und Margaret Thatcher in Grossbritannien ergriffen und weiter vorangetrieben, wie z.B.
Deregulierung (mehr Handlungsraum für die Finanzindustrie),
Steuersenkungen (für Unternehmen und Reiche),
Arbeitsmarktreformen, bekannt auch als “Flexibilisierung des Arbeitsmarktes”, d.h. “hire-and-fire” Ansatz und v.a. Lohnunterdrückung,
Vorrang der Sicherung von Preisniveau-Stabilität (vor der Vollbeschäftigung, wohl-gemerkt, Stichwort: "Phillips Curve”, “Laffer Curve” usw.).
Bemerkenswert ist zudem, dass der Aufstieg des neoliberalen Wirtschaftskonzepts aus einer tiefgreifenden, ökonomischen Krise der frühen 1970er Jahre ("Ölembargo") entstanden war.
Das Hauptanliegen wurde dabei darauf gerichtet, die Rolle des Staates in der Wirtschaft nach und nach zu verringern. Der Marktfundamentalismus hat damit das Augenmerk im Wesentlichen auf “Wall Street” gelegt, dem Irrglauben folgend, dass das Geld eine knappe Ressource sei.
Und so blieb “Main Street” auf der Strecke.
Der ausschlaggebende Grund war im Besonderen die Befürchtung, dass dem Staat das Geld ausgehen und Uncle Sams' Schulden uns alle belasten würde.
Dieses Buch zeigt vor diesem Hintergrund, dass es keinen Grund für Pessimismus gibt. Der Staat (mit der eigenen Landeswährung) hat die souveräne Macht, alles auszugeben, was nötig ist, um wieder auf den Weg des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts zu gelangen.
Der Staat muss Geld ausgeben, bevor wir, die Steuerzahler, damit Steuern zahlen können. Der Staat gibt also keine Steuereinnahmen aus. Zunächst kommen Investitionen und dann das Sparen, nicht umgekehrt.
Die Wahrheit ist, dass der Staat politischen Zwängen unterworfen ist:
Er ist mit Ressourcen-Beschränkungen konfrontiert. Er ist technologischen Beschränkungen ausgesetzt. Aber er kann und darf nicht mit finanziellen Zwängen konfrontiert werden, erklärt der Autor, under anderem mit Hinweisen auf Hymar Minsky and John Maynard Keynes.
Wenn wir über das technische Know-how und die Mittel verfügen, können wir es uns immer leisten, diese Mittel und dieses Know-how zu nutzen. “Erschwinglichkeit” ist nicht das Problem, wenn es um die Finanzen des Staates geht.
Die potenzielle Beschränkung der Staatsausgaben ist die Inflation, nicht die Finanzen. Geld ist immer und überall eine Schuld seines Emittenten.
Der an der University of Missouri-Kansas City lehrende Wirtschaftsprofessor zeigt weiter auf, in wiefern die "Laissez-faire" Politik, die die Gesellschaft in den Dienst der Wirtschaft stellt, für die jüngsten Finanz-Krisen verantwortlich ist.
Für alle, v.a. Laien, die genau verstehen wollen, was Geld ist und welche Formen es hat, ist das ein erfrischendes Buch ein “must-read”.