Inflation ist ein komplexes Phänomen. Und die Menschen mögen Komplexität nicht. Denn Komplexität ist der Feind der Transparenz. Einfachheit ist das Kennzeichen für Vertrauen.
An den Märkten gibt es keine Garantie, sondern viele Variablen. Daher sind Fehler nicht vermeidlich. Bekannt ist, dass aufgrund von Krisen und Schocks die Unsicherheit bei Inflationserwartungen tendenziell zunimmt.
Der Anstieg der Unsicherheit kann zu erheblichen Prognosefehlern führen. Zentralbanken ermitteln die Erwartungen unmittelbar aus Befragungen. Und zudem leiten sie sie aus Markdaten ab.
Tatsache ist, dass seit 2013 die Inflationsprognosen der Survey of Professional Forecasters (SPF) der EZB auf eine deflationäre Tendenz im Euroraum hindeuten; das heisst eine Unterschreitung des 2-Prozent-Ziels.
Wichtig ist, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Leitzins der EZB zugleich nahe an der unteren Nullgrenze oder sogar im negativen Bereich lag.
Hätten Fiskal- und Geldpolitik gemeinsam die Verantwortung für die Preisstabilität getragen, wäre ein fiskalischer Stimulus gefragt gewesen, um diese Situation zu stabilisieren, wie in einem aktuellen Beitrag bei Social Europe hervorgehoben wird.
Doch die einseitige Ausrichtung der europäischen Fiskalpolitik auf den Defizitabbau («Schuldenbremse») hat zu einer effektiven Stagnation der Staatsausgaben geführt.
Vor allem Deutschland hat sich trotz seiner geringen Staatsverschuldung dagegengestemmt, mit staatlichen Investitionen die schwache Wirtschaft der Eurozone in einer kritischen Phase zu unterstützen.
Es ist ironisch dazu, zu beobachten, wie dieselben deutschen Politiker, die nicht bereit waren, mit einem angemessenen Policy Mix die Eurozone zu stimulieren, sich gleichzeitig heftig über den niedrigen Zinssatz der EZB und dessen negative Auswirkungen auf den deutschen Sparer beschweren.
Sollte die EZB auf der Sintra-Konferenz im September auf ein formelleres AIT-Regime (Average Inflation Target) zubewegen, wäre dies laut Nordea ein Zeichen dafür, dass die Risiken einer Zinserhöhung (in den kommenden Jahren) auf die lange Bank geschoben würden, da die Inflation eine (lange) Weile überschiessen dürfte, bevor etwas in Sachen Zinsen passiert.
Die EZB debattiert nämlich darüber, ob ihr Inflationsziel von "mittelfristig unter, aber nahe 2 %" als Teil einer weitreichenden Überprüfung ihrer Politik geändert werden sollte. Die Entscheidung soll später in diesem Jahr fallen.
Zentralbanken können die Inflationserwartungen besser kontrollieren, wenn sie eine Bandbreite für das Preiswachstum statt eines präzisen Ziels verwenden, so eine Studie der EZB.
Das Arbeitspapier von Michael Ehrmann, Leiter der geldpolitischen Forschungsabteilung und ehemaliger Beamter der Bank of Canada, untersuchte Inflationszielstrategien in 20 fortgeschrittenen und aufstrebenden Volkswirtschaften.
Das Papier kommt zu dem Ergebnis, dass die Festlegung einer Bandbreite, innerhalb derer das Wachstum der Verbraucherpreise als akzeptabel angesehen wird, die Glaubwürdigkeit der Zentralbank stärkt, da es weniger wahrscheinlich ist, dass sie das Ziel verfehlt.
Die US-Notenbank hat bekanntlich ihre eigene Überprüfung im letzten Jahr mit der Entscheidung abgeschlossen, ein durchschnittliches Inflationsziel (AIT) zu verfolgen, wobei sie ihr 2%-Ziel beibehält, aber eine Überschreitung nach Perioden mit niedrigem Preiswachstum zulässt.