Hohe Inflation oder Rezession: Was würden Sie bevorzugen?
Do recession and inflation cause equivalent damage?
Rezession ist gegenwärtig eines der meist gesuchten Wörter auf Google, zumindest in Sachen Wirtschaft und Geldpolitik.
Wenn die Wirtschaft heute auf eine Rezession zusteuert, auf beiden Seiten des Atlantiks, dann sind die Ursachen nicht schwer auszumachen:
Die anhaltende Unsicherheit durch 1) die Coronavirus-Pandemie und 2) der Einmarsch Russland in der Ukraine.
Die Hauptursache ist jedoch die Zinserhöhungen durch die Fed.
Es ist nicht in Stein gemeisselt, dass Zinserhöhungen der Fed immer zu einer Rezession führen. Das ist auch ein Grund, warum Jerome Powell, der Chef der Fed anfangs von der Möglichkeit einer «weichen Landung» (soft-landing) geredet hat.
Wenn die US-Notenbank aber überschiesst, wie Powell es jetzt in Erwägung zieht, führen Zinserhöhungen häufig zu einer Rezession.
Die Fed hat beispielsweise 1981 unter Paul Volcker die Zinssätze so stark erhöht, um die zweistellige Inflation zu bekämpfen, dass die Wirtschaft in eine tiefe Rezession stürzte.
Menschen mit niedrigem Einkommen sind besonders gefährdet, da sie i.d.R. die ersten sind, die entlassen werden. Auch jüngere Menschen, die einen Job suchen, leiden unter Rezession.
Die größere Sorge ist daher nicht die Inflation, sondern die eindeutige Möglichkeit einer Rezession.
Und zu den besonderen Faktoren, die die Inflation z.B. in den Vereinigten Staaten antreiben, zählen auf alle Fälle enorm profitable Unternehmen mit grosser Marktmacht, welche die Inflation als Vorwand für Preiserhöhungen nutzen.
Die Fed hat im Juni die Zinsen um 0,75% angehoben und versprochen, die Zinsen so lange zu erhöhen, bis sich die Inflation normalisiert hat, auch wenn dadurch das Risiko einer Rezession steigt.
Die Inflation wird aber nicht durch große makroökonomische Ungleichgewichte zwischen gesamtwirtschaftlicher Nachfrage und Angebot angetrieben.
Wenn das Ziel von Zinserhöhungen ist, das Lohnwachstum zu bremsen, ist es bereits erreicht. Denn das Lohnwachstum hat sich inzwischen merklich verlangsamt.
Die von BLS am Mittwoch vorgelegten Daten zeigen, dass die Reallöhne in den USD -4,4% betragen. Das ist der niedrigste Stand seit 2006.
Die Argumentation, dass Rezession und Inflation den gleichen Schaden verursachen oder dass die Inflation sogar einen größeren Schaden verursacht als die Rezession, ist daher eindeutig falsch, wie Josh Bivens, von EPI erläutert.
«Der wirtschaftliche Schaden, der durch Rezessionen entsteht, ist weitaus größer als der durch einstellige Inflationsraten. Eine Rezession führt direkt zu einer Verringerung der gesamtwirtschaftlichen Einkommen, während die Inflation dies nicht tut».
Eine Rezession ist das Ergebnis einer unzureichenden Nutzung der potenziellen produktiven Ressourcen (vor allem der Arbeitskräfte).
Das heisst, dass die Wirtschaft weniger produziert, als sie bei voller Nutzung der potenziellen Ressourcen hätte produzieren können.
Die Inflation hingegen ist kurzfristig eine reine Umverteilungsmaßnahme, die jedoch nicht direkt zu einer Verringerung des gesamtwirtschaftlichen Einkommens führt, so Bivens.
«Die Ausgaben der einen Person sind die Einnahmen einer anderen Person. Wenn die Preise steigen, führt dies unmittelbar zu höheren Einkommen für jemanden in der Wirtschaft. Die Inflation von 2021-2022 war zugegebenermaßen regressiv und führte zu niedrigeren (inflationsbereinigten) Reallöhnen für (die meisten) Arbeitnehmer, aber zu wesentlich höheren Gewinnen für Unternehmen und für ausländische Exporteure in die Vereinigten Staaten».
Aber so sehr uns die durch die jüngste Inflation verursachte Umverteilung auch missfallen mag, gibt es laut Bivens keine Beweise dafür, dass sie zu niedrigeren Gesamteinkommen geführt hat.
Wir sprechen hier nicht von einer überhitzten Konsumwirtschaft, die auf der Verschuldung der Haushalte beruht, sondern von Rohstoffen für die Industrie und Grundversorgungsgütern für die Haushalte, also nicht von "diskretionären" Ausgaben. Niemand kauft eine Tankfüllung zum Spaß ein. Wer gibt denn schon zu viel Geld («overspending») aus?
Ja, die Inflation ist ein massives Problem - aber Zinserhöhungen sind unter diesen Umständen nicht die Lösung.
Rezessionen schmerzen mehr als die Inflation.
Ein Anstieg der Arbeitslosenquote um einen Prozentpunkt, z. B. von 4 % auf 5 %, schadet dem Wohlbefinden mindestens fünfmal mehr als ein Anstieg der Inflation um einen Prozentpunkt, wie Danny Blanchflower kürzlich in einem Meinungsartikel bei Evening Standard geschrieben hat.
«Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit schmerzt die Arbeitslosen, senkt aber auch das Wohlbefinden aller anderen, da Freunde und Verwandte arbeitslos sind, Hochschulabsolventen Schwierigkeiten haben, einen guten Arbeitsplatz zu finden, und Arbeitnehmer befürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Die Angst vor Arbeitslosigkeit schmerzt sehr».
Versuche, das Inflationsproblem durch geldpolitische Straffung zu bewältigen, werden wahrscheinlich viel Schmerzen auslösen.
Heute ist die Inflation vor allem angebotsbedingt, weil es angesichts der Pandemie und des Krieges in der Ukraine noch Engpässe gibt. Die Anhebung der Zinssätze hat keine Auswirkungen auf die in Odessa aufgehaltenen Getreidelieferungen.