Das relativ hawkish’e «Protokoll» der letzten FOMC-Sitzung hat vergangene Woche das Bedenken möglicher weiterer Zinserhöhungen unter Investoren aufkommen lassen.
Darüber hinaus hat eine sich abzeichnende Divergenz zwischen dem Konjunktur- und dem Inflation-Überraschungsindex zweifelsohne die Befürchtung einer Stagflation geschürt.
Wie die aktuelle Grafik von JPMorgan zeigt, ist der wirtschaftliche Überraschungsindex im letzten Jahr stetig gesunken und wurde im Mai negativ, was auf schwächer als erwartete Wirtschaftsdaten hindeutet.
Umgekehrt ist der Inflation-Überraschungsindex gestiegen, was zu der Annahme einer unerwartet hohen Inflationsrate berechtigt.
Dies könnte zunächst auf eine Stagflation hindeuten, doch ist es wichtig zu wissen, dass die tatsächlichen Zahlen nach wie vor robust sind, obwohl die jüngsten Wachstumsdaten hinter den Erwartungen zurückbleiben sind.
Insbesondere das GDPNow-Modell der Atlanta Fed prognostiziert für das 2. Quartal 2024 immer noch ein solides, über dem Trend liegendes Wachstum von 3,5%.
Das Research Team der Nordea Bank aus Schweden notiert, dass
die derzeitige Situation einer starken US-Wirtschaft und einer Inflation, die über dem Inflationsziel der Fed von 2% liegt, die Renditen von US-Staatsanleihen solange nach oben drücken dürfte, bis klar wird, dass sich die Wirtschaft verlangsamen und die Inflation nachhaltig auf 2% zurückgehen wird.
Daraus schlussfolgern die Verfasser der Studie einen bearish’en Outlook in Bezug auf US-Staatsanleihen. Mit dem Hinweis auf die anhaltende Inversion der UST-Zinsstruktur-Kurve heben sie dazu «Inflation als Problem» hervor.
Doch wenn die Rendite-Kurve (“yield curve”) der US-Staatsanleihen lange Zeit „invertiert“ bleibt, deutet dies in der Regel auf mehrere wichtigen wirtschaftlichen Bedingungen und Erwartungen hin:
- Eine anhaltende Umkehrung deutet darauf hin, dass die Marktteilnehmer erwarten, dass die Fed die Zinssätze in Zukunft senken wird.
- In Zeiten wirtschaftlicher Ungewissheit oder geopolitische Spannungen auf den Finanzmärkten suchen die Anleger häufig die Sicherheit langfristiger US-Staatsanleihen, was deren Kurse in die Höhe treibt und damit ihre Renditen senkt. Diese „Flucht in die Qualität“ trägt zur Umkehrung der Rendite-Kurve bei.
- Langfristige Renditen spiegeln auch die Erwartungen hinsichtlich der künftigen Inflation wider. Eine anhaltend inverse Rendite-Kurve kann darauf hindeuten, dass die Anleger in den kommenden Jahren eine niedrige Inflation oder sogar Deflation erwarten, was sich auf die Renditen langfristiger Anleihen auswirkt.
- Eine anhaltende Inversion der Zinskurve kann die Kreditbedingungen verschärfen. Banken nehmen i.d.R. kurzfristige Kredite auf und vergeben langfristige Kredite, um von der Zinsspanne zu profitieren.
- Eine ausgedehnte Inversion der Rendite-Kurve zwingt die Fed häufig dazu, ihren geldpolitischen Kurs zu überdenken. Sie kann ein Zeichen dafür sein, dass die derzeitige Politik zu restriktiv ist, was zu Anpassungen der Zielzinssätze zur Förderung von Wirtschaftswachstum und Stabilität führt.
Fazit:
Die derzeitigen Stagflation-Ängste sind übertrieben.
Daher scheinen Zinssenkungen für dieses Jahr aufgeschoben, aber nicht aufgehoben zu sein.
Vor diesem Hintergrund ist ein anhaltender Ausverkauf an den Märkten unwahrscheinlich.