Die EZB hat am Donnerstag eine große Einigung angekündigt: Ein neues Anleihekaufprogramm, ein Instrument zur Absicherung der Transmission der Geldpolitik: Transmission Protection Instrument (TPI).
Das TPI wird bei Bedarf dazu eingesetzt, um zu verhindern, dass die Zinsen (gemessen an den aktuellen Renditen der jeweiligen Staatsanleihen) in den Mitgliedsländern zu stark auseinander driften.
Der EZB-Beschluss, ein Instrument zum Ankauf von Anleihen zu schaffen, wurde laut Christine Lagarde einstimmig gefasst.
Die sprichwörtlichen Falken der EZB haben sich mit ihrer Forderung nach einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte statt um 25 Basispunkte durchgesetzt.
Und die Tauben haben mit dem neuen Instrument gegen eine übermäßige Ausweitung der Renditespannen (spreads) innerhalb der Eurozone eine Befugnis ausgestattet, Anleihen eines Landes in unbegrenzter Höhe zu kaufen.
Die EZB hat ferner erklärt, dass sie in erster Linie Staatsanleihen mit Laufzeiten zwischen einem und zehn Jahren von Ländern kaufen werde, in denen sich die Finanzierungsbedingungen verschlechtern, was durch die länderspezifischen Fundamentaldaten nicht gerechtfertigt ist.
Und es ist darüber hinaus nicht unwichtig, hervorzuheben, dass die Anleihekäufe sterilisiert werden, d.h. keine Erhöhung der Geldmenge ist geplant.
«Die Ankäufe im Rahmen der TPI würden so durchgeführt, dass sie keine dauerhaften Auswirkungen auf die Gesamtbilanz des Eurosystems und damit auf den geldpolitischen Kurs haben.»
Alle 19 Länder der Eurozone kommen automatisch für das Instrument in Frage, sofern sie nicht gegen die Haushaltsregeln der EU verstoßen haben und die Bedingungen für den EU-Rettungsfonds erfüllen.
Die EZB will zudem auch prüfen, ob die Entwicklung der Staatsverschuldung eines Landes nachhaltig ist und ob es eine solide und nachhaltige makroökonomische Politik verfolgt.
Da die früheren Ankäufe von Staatsanleihen durch die EZB wiederholt vor dem deutschen Verfassungsgericht angefochten wurden, ist es fast sicher, dass auch gegen den neuesten Plan der EZB ähnliche Schritte unternommen werden.
Um sich selbst zu schützen, hat die EZB das neue Instrument deswegen an einige relativ einfache Bedingungen geknüpft.
Martin Sandbu schreibt dazu in seiner Kolumne bei FT, dass die EZB nicht nur gegenüber den Märkten, sondern auch gegenüber den fiskalpolitischen Entscheidungsträgern in der Eurozone wesentlich kämpferischer wurde.
«Die Zentralbank fordert die gewählten Politiker auf, die wesentlichen politischen Entscheidungen nicht auszulagern, und fordert sie auf, selbst zu entscheiden, ob ein Land gegen spekulative Angriffe geschützt werden soll.»
Das ist genau der Punkt, den Philippa Sigl-Glöckner in ihrem Meinungsartikel bei FT am Mittwoch mit Nachdruck adäquat unterstrichen hat:
Die Anleihekäufe der EZB haben zwei Auswirkungen für die Fiskalpolitik: Zum einen sichern sie den jeweiligen Regierungen den Zugang zu Krediten, zum anderen werden die Kosten für die Kreditaufnahme niedriger als sonst.
Letzteres hat eine direkte Auswirkung auf die Einhaltung der europäischen Haushaltsregeln: niedrigere Zinszahlungen bedeuten mehr Spielraum unter der 3%-Defizitgrenze.
Dies ist m.a.W. eine zutiefst politische Frage, zu der sich ein technokratisches, nicht gewähltes Gremium wie die EZB schlecht äußern kann.
Während also die EZB nur innerhalb dieser zweideutigen Architektur Entscheidungen treffen kann, wälzen EUR-Regierungen tiefgreifende politische Fragen im Zusammenhang mit der Staatsverschuldung auf die EZB ab.
Die Mitgliedstaaten sollten daher aufhören, tiefgreifende politische Fragen im Zusammenhang mit der Staatsverschuldung auf die Zentralbank zu verlagern.
Das ist die Botschaft, die die EZB mit der Erstellung einer kumulativen Liste von Kriterien, die berücksichtigt werden müssen, um zu beurteilen, ob die Länder, in denen das Eurosystem Ankäufe im Rahmen des TPI tätigen kann, eine solide und nachhaltige Finanz- und Wirtschaftspolitik verfolgen, sendet.
Angesichts der geldpolitischen Wirkungszusammenhänge und der gegenwärtig geltenden EU-Verträge macht es durchaus Sinn, eine Fragmentierung der Finanzierungskonditionen im Euro-Raum solange zu verhindern, wie eine funktionierende fiskalische Koordination sichergestellt ist, wie Florian Kern von Dezernat Zukunft tiefgreifend bekräftigt.