Der grossangelegte Überfall Russlands auf die Ukraine hat u.a. gezeigt, in welchem Umfang die europäische Wirtschaft auf Importe angewiesen ist, um den Energiebedarf zu decken.
Die EU hat vor diesem Hintergrund beschlossen, die Energieimporte aus Russland zu beenden.
Die Europäische Kommission hatte im Januar 2020 einen detaillierten Finanzierungsvorschlag vorgestellt, um den Klimawandel zu bekämpfen und den Übergang in eine Green Economy zu ermöglichen.
Der Aufbau einer klimaneutralen Wirtschaft erfordert massive Investition in saubere Energie-Technologien.
Der Einsatz zur Dekarbonisierung und die Dringlichkeit, Energiesicherheit zu gewährleisten, werden in der Eurozone sicherlich zu mehr Ausgaben führen.
Eine der wichtigsten Auswirkungen dieser Veränderungen werden wahrscheinlich höhere Investitionsausgaben («capex») sein.
Was auffällt, ist, dass der Anteil der Investitionsausgaben am Umsatz auf den wichtigsten Märkten der Eurozone seit Beginn dieses Jahrzehnts und insbesondere nach der Finanzkrise (GFC) zurückgegangen ist.
Dies gilt selbst dann, wenn wir die Ausgaben für Forschung und Entwicklung einbeziehen.
Es gilt, festzuhalten, dass eine Kombination aus schwachem nominalen BIP, überschüssigen Lagerbeständen (z. B. bei Rohstoffen) und deflationären Risiken die traditionellen Investitionsausgaben gebremst hat.
Und das ist ohne Zweifel zum grossen Teil auf den rigorosen Sparkurs der EU in Form von «fiscal austerity» zurückzuführen.
Austerität bedeutet eine Kürzung der Staatsausgaben in einer Phase schwachen Wirtschaftswachstums. Es handelt sich dabei um eine deflationäre Finanzpolitik, die mit niedrigeren Wachstumsraten und höherer Arbeitslosigkeit einhergeht.
Mit anderen Worten ist die fiskalische Austerität nicht expansiv, sondern contractionary.
Eine Lehre daraus ist, dass eine strikte Trennung von Staat und Markt faktisch nicht möglich ist.
Kurzum: Die einzelwirtschaftlichen Massnahmen (Stichwort: «schwarze Null») sind für die Entstehung von Ungleichgewichten und Krisen in der Eurozone verantwortlich, sodass der europäische Lebensstandard mangels Investitionen (öffentlich und privat) jahrelang beeinträchtigt wurde.
Europa braucht daher mehr wirtschaftspolitischen Pragmatismus.
Geld oder Kredit existiert nicht als das Ergebnis wirtschaftlicher Tätigkeit, sondern Geld schafft die wirtschaftliche Tätigkeit.
Politiker pflegen gern das Repertoire, dass das ganze Geld aus dem Steuerwesen komme. Aber in Wahrheit ist die Besteuerung eine Konsequenz der Ausgaben des öffentlichen und des privaten Sektors; d.h. sie ist nicht die Quelle der Finanzierung der Ausgaben.
Die gute Nachricht ist, dass für Investitionen keine Ersparnisse benötigt werden. In einer Geldwirtschaft finanzieren Ersparnisse nicht, die müssen finanziert werden.
Der Lebensstandard verbessert sich durch die Erneuerung der Produktionsstrukturen. Nun kommt es auf Investitionen in erneuerbare Ressourcen, Infrastruktur, Gesundheitswesen und die Bildung an.