Eine Rezession mit Millionen von Arbeitslosen
The Fed and deliberate engineering of unemployment
Bereits weithin bekannt ist, dass die US-Notenbank eine Anhebung des Leitzinses (Fed Funds Rate) um 75 Basispunkte nicht ausgeschlossen hat. Und damit hat sie den Grad der restriktiven Geldpolitik neu festgelegt.
Die meisten Wirtschaftsmodelle deuten nun darauf hin, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten 12 Monaten auf mehr als 50% verdoppelt hat, wie Lisa Shalett von Morgan Stanley berichtet.
Und der Anleihemarkt hat unmittelbar begonnen, diese Wahrscheinlichkeit widerzuspiegeln. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen ist um 44 Basispunkte und die Rendite 2-jähriger Staatsanleihen um 52 Basispunkte zurückgefallen.
Laut einer aktuellen Studie der San Francisco Fed ist etwa die Hälfte der derzeit erhöhten Inflation auf Angebotsstörungen zurückzuführen.
Die Fed kann die Inflation nicht senken, weil sie den Energiepreis nicht senken kann.
Was wir erleben ist also einen Angebotsschock: Engpässe bei Produktion und Lieferung von Waren, bedingt durch die Corona-Pandemie. Aber auch der Krieg in der Ukraine, weshalb manche landwirtschaftlichen Produkte knapp werden.
Was ferner unumstritten ist, dass es sich dabei um ein internationales Phänomen handelt. In Sachen Inflation ist in allen westlichen Volkswirtschaften die gleichen Symptome zu beobachten.
Da die Preise aber nicht auf breiter Front ansteigen, ist es im Grunde genommen per Definition nicht ganz korrekt, von Inflation zu reden. Es ist eher eine unvorhergesehene Teuerung, die die Zentralbanken zu Aktionen zwingt.
Die gegenwärtige Inflation resultiert m.a.W. nicht aus einer fehlgeleiteten Geldpolitik und/oder einer zu grosszügigen Fiskalpolitik.
Welche Wirkungsmechanismen werden aber durch die Zinserhöhungen in diesem Marktumfeld in Gang gesetzt?
Der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, hat kürzlich deutlich gemacht, dass die Maßnahmen der Fed zur Bekämpfung der galoppierenden Inflation "einige Schmerzen verursachen werden".
Powells vorsichtige Worte deuten ohne Zweifel auf Arbeitslosigkeit hin. Das bedeutet Schmerzen.
Während Powell und andere behaupten, dass unsere gemeinsame kurzfristige Opferbereitschaft zu gemeinsamen langfristigen Gewinnen führen werde, wollen sie mit ihrer vorsichtigen Formulierung eine äußerst unangenehme Realität verschleiern: weder die Opferschaft noch die Gewinne werden gemeinsam geteilt, wie Clara Mattei in einem Meinungsartikel bei The Guardian unterstreicht.
Die angepeilte Entspannung der Inflation wird die Menschen mit niedrigem Einkommen überproportional belasten, und genau diese Menschen werden später nichts davon bekommen.
Senatorin Elizabeth Warren (Massachusetts) hat Powell davor gewarnt, dass weitere Zinserhöhungen die Wirtschaft in eine Rezession stürzen könnten, ohne die Inflation zu stoppen.
«Wissen Sie, was schlimmer ist als eine hohe Inflation und eine niedrige Arbeitslosigkeit: eine hohe Inflation und eine Rezession mit Millionen von Arbeitslosen, und ich hoffe, dass Sie das noch einmal überdenken, bevor Sie die Wirtschaft in den Abgrund stürzen».
Gibt es einen Grund zu der Annahme, dass sowohl die Angebots- als auch die Nachfragefaktoren bis 2023 erhöht bleiben werden?
Es wird zwar allgemein erwartet, dass die Versorgungsunterbrechungen in diesem Jahr nachlassen werden, doch ist dieser Ausgang höchst ungewiss.
Der damalige Fed-Vorsitzende Paul Volcker hat versucht, das Inflationsproblem durch eine Anhebung der Zinssätze in den Griff zu bekommen. Aber das hat die Dinge - einschließlich der Inflation - nur noch schlimmer gemacht.
Aus diesem Grund sind Zinserhöhungen die falsche Medizin für die Probleme der Wirtschaft. Wir brauchen einen einheitlichen und koordinierten Ansatz zur Senkung des Ölpreises, der in weiten Teilen der Welt der Haupttreiber der Inflation ist.
Zuallererst bedarf es einer Verhandlungslösung für den Krieg in der Ukraine. Außerdem müssen die längst überfälligen Investitionen in erneuerbare Energien getätigt werden, um Energie-Portfolio der Industrieländer zu diversifizieren.
Eine kurzfristige Erhöhung des Angebots und ein Festhalten am Öl machen uns nur anfällig für künftige Ölpreisschocks, ganz zu schweigen von den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels, wie Stephanie Kelton hervorhebt.