Deutschland mit Inflation im Kopf
The inflation obsession and a frightful shortfall in private demand
Die Amtszeit von Angela Merkel geht zu Ende. Frau Merkel kandidiert nicht mehr. Und Jens Weidmann tritt zurück. Das ist sicherlich kein Zufall. Weidmann hat Kanzlerin Merkel fünf Jahre lang beraten, bevor er Bundesbankpräsident wurde.
Das Ende einer Ära bedeutet aber nicht das Ende der Welt. Dennoch wird dieser Tage in Mainstream-Medien der Teufel an die Wand gemalt.
Wie auch immer, Statistisches Bundesamt (Destatis) hat am Donnerstag mitgeteilt, dass die Inflationsrate im Oktober 2021 voraussichtlich 4,5% beträgt. Die Verbraucherpreise sind in Deutschland gegenüber September 2021 nach bisher vorliegenden Daten um 0,5% gestiegen.
Eine Reihe von Gründen hat dazu beigetragen, wie z.B. Basiseffekte durch niedrige Preise im Jahr 2020. Dazu zählen der Preisverfall bei Mineralölprodukten und die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuersätze, die sich heute erhöhend auf die Gesamtteuerung auswirken.
Doch es gibt kein Anzeichen für einen über längere Zeiträume anhaltenden und allgemeinen Preisanstieg.
Auch eine Stagflation wie in den 1970er Jahren ist heute unwahrscheinlich, weil die Volkswirtschaften viel weniger von Energie abhängig sind.
Die Sorge, dass künftige Lohnentwicklung zu einem inflationären Preisauftrieb führen könnte, scheint auch unbegründet, wenn man sich den Verlauf der Nominal- und Reallöhne genau ansieht.
Die wichtigsten Gründe für die Inflation, nämlich eine hohe Nachfrage und stark steigende Kosten sind im heutigen Umfeld der Wirtschaft abwesend.
Das Produzierende Gewerbe, was für das Export-Geschäft entscheidend ist, deutet auf einen rezessiven Trend hin, wie Makroskop unterstreicht.
Die lock-down-Massnahmen, die mit Ausbruch der COVID19 Pandemie ergriffen wurden, führten zu einem signifikanten Rückgang der Produktion.
Nach Einschätzungen von DIW Berlin hat sich damit die Produktionslücke (output gap) in den negativen Bereich ausgeweitet: -15%. Und sie lag im 2Q2021 im Durchschnitt immer noch bei rund minus 6%.
Aus dieser Perspektive ist derzeit kein Inflationsdruck zu erwarten, schlussfolgert DIW-Wochenbericht in der aktuellen Ausgabe (42, 2021).
Die Zahl der Erwerbstätigen liegt weiter unter dem Vorkrisenniveau. Und wir dürfen nicht vergessen, dass auch Kurzarbeitende als Erwerbstätige zählen.
Unterauslastung der Wirtschaft bedeutet frei verfügbare Kapazitäten, z.B. in Form von Arbeitslosen. Das heisst, dass es genügend «Spielraum» gibt, mit fiscal stimulus die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln.
Wenn die Wirtschaft unterhalb ihrer Produktionskapazität läuft, bedeutet das, dass wir unter unseren kollektiven Möglichkeiten leben. Das heisst, dass gegenwärtig keine unmittelbare Inflationsgefahr droht.
Inflation in Deutschland ist im Kopf, nicht im (Waren-) Korb.