Fed Put? Wo denkst du hin?
US-Notenbank will die Nachfrage dämpfen.
Der Vorsitzende der Federal Reserve (Fed), Jerome Powell, hat am Dienstag in einer Live-Veranstaltung des Wall Street Journal (WSJ) die Bedeutung der finanziellen Bedingungen hervorgehoben.
Und er hat damit seine bisher restriktivste (hawkish) Haltung an den Tag gelegt.
«Die finanziellen Bedingungen haben sich insgesamt deutlich gestrafft. Und das ist es, was wir brauchen», so Powell.
Und die Straffung der finanziellen Bedingungen werden tatsächlich von höheren Aufschlägen (spreads) für Unternehmensanleihen, dem Anstieg der Hypothekenzinsen und der wesentlichen Aufwertung von US-Dollar in den vergangenen Wochen deutlich vor Augen geführt.
Im Grunde genommen hat Powell mit seinen Äußerungen den Ausverkauf an den US-Aktienmärkten irgendwie nolens volens gebilligt.
In der vergangenen Woche ist der S&P 500 Index tatsächlich an den Rand eines Bärenmarktes (Rückgang um 20 % gegenüber dem Höchststand). gerutscht.
Die erwartete Entwicklung, die die Fed andeutet, lässt sich wie folgt umschreiben:
Die sinkenden Aktienkurse werden das Vertrauen der privaten Haushalte und der Unternehmen beeinträchtigen und sie dazu veranlassen, ihre Ausgaben einzuschränken.
Höhere Kreditkosten werden in ähnlicher Weise die Bereitschaft untergraben, Dinge zu kaufen, wie z.B. Häuser und Autos.
Und indem die Fed «die Nachfrage dämpft, werden die Dinge näher an das Angebot herangeführt», so wie Powell es erklärt.
Und das wiederum wird den Preisdruck verringern.
Die US-Notenbank will also die geldpolitischen Zügel so lange anziehen, bis die Inflation unter Kontrolle gebracht ist.
Was aber ungewiss ist, wann die Fed ihre Zinserhöhungen («terminal rate») einstellen wird.
Denn, falls es nicht dazu komme, werde die Fed ein aggressiveres Vorgehen erwägen müssen. Die Notenbank habe die Werkzeuge und das Stehvermögen, die Inflation zu bekämpfen: «Niemand sollte an unserer Entschlossenheit zweifeln», so Powell weiter.
Wenn es nötig sei, werde die Zentralbank bei den Zinsen auch ohne Zögern über das neutrale Niveau hinausgehen, bei dem die Wirtschaft weder stimuliert noch gebremst wird.
Im Kampf gegen die Inflation müsse auch in Kauf genommen werden, dass das Wirtschaftswachstum niedriger ausfalle, was eigentlich einen Anstieg der Arbeitslosigkeit nicht ausschliessen würde.
Daher wäre es vor diesem Hintergrund naive, daran zu glauben, dass ein «soft landing» gelingen würde.
Es besteht kaum Zweifel daran, dass Rezession die drohende Gefahr ist.
Die Aussage von Powell, die Wiederherstellung der Preisstabilität sei eine unbedingte Notwendigkeit und «schmerzhaft» sein könne, deutet eindeutig darauf hin.
Das bedeutet, dass die Zinserhöhungen mit hohen gesellschaftlichen Kosten einhergehen werden.
Es ist zwar damit zu rechnen, dass die Zinserhöhungen (zur Abkühlung einer angeblich überhitzten Wirtschaft) das Wirtschaftswachstum schmälern werden.
Wird die Inflation aber deswegen fallen?
Was, wenn die Unternehmen die gestiegenen Kosten auf die Verbraucher abwälzen, um Gewinnmargen stabil zu halten?
Schliesslich kommt die Inflation von der Angebotsseite. Und die Fed trifft Massnahmen auf der Nachfrageseite. Wie sollte der erhöhte Zinssatz auf die Energiepreise Einfluss nehmen? Energiepreise sind heute grösstenteils importiert. (*)
Eine alternative Massnahme ist sicherlich, Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel zu erhöhen, in Elektrofahrzeuge und andere Lösungen (wie z.B. erneuerbare Ressourcen), die den Energiebedarf senken.
Kurzum: Erforderlich ist ein Umbau von Energie- und Verkehrssystemen, nicht aber massive Zinserhöhungen.
(*)
Bislang ist der Anstieg der Inflation eindeutig nicht auf die angespannten Arbeitsmärkte zurückzuführen, die die Löhne in die Höhe treiben.
Die Nominallöhne sind zwar schnell gewachsen, aber sie sind weit hinter der Inflation zurückgeblieben, was bedeutet, dass die Arbeitskosten den Preisdruck dämpfen und nicht verstärken.
Aus dem Beschäftigungsbericht der letzten Woche geht hervor, dass der durchschnittliche Stundenlohn im letzten Quartal um 4,4 % (auf das Jahr hochgerechnet) gestiegen ist, wobei sich das Lohnwachstum in den letzten drei Monaten sogar auf unter 4 % verlangsamt hat.