Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat vergangene Woche Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen beschlossen.
Das Ziel ist Bereitstellung von Zentralbankliquidität.
Das Mittel ist wirksame Steuerung von kurzfristigen Geldmarktsätzen.
Damit soll dazu beigetragen werden, dass der Marktzins sich eng an den geldpolitischen Beschlüssen des EZB-Rats orientiert.
Der Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt die Sicherstellung von Preisstabilität.
Der Rahmen werde nach Angaben der EZB gewährleisten, dass die Umsetzung europäischen Geldpolitik «effektiv, robust, flexibel und effizient» bleibt.
Die EZB hat jedoch nicht explizit mitgeteilt, wann genau der neue Handlungsrahmen zum Einsatz kommen soll. Das heisst, dass bisher kein Zeitplan für die Umsetzung auf das neue System genannt wurde.
Was aber klar ist die Formalisierung eines Floor-Systems, bei dem der niedrigste der drei Leitzinsen der EZB der wichtigste Hebel für die Verlagerung der kurzfristigen Kreditkosten darstellt.
Der Abstand zwischen dem Einlagensatz («deposit rate») und dem Hauptrefinanzierungssatz («main refinancing rate») soll am 18. September von derzeit 50 auf 15 Basispunkte verringert werden.
Die Banken müssen derzeit 1% bestimmter Verbindlichkeiten - meist Kundeneinlagen - bei der EZB halten. Die nationalen Zentralbanken zahlen den Einlagesatz von 4% auf überschüssige Reserven.
Bei einem Floor-System legt die Zentralbank eine Untergrenze («floor») für die kurzfristigen Zinssätze fest, indem sie Zinsen auf überschüssige Reserven zahlt, die die Banken bei der Zentralbank halten.
Dadurch wird eine Untergrenze («floor») für die Geldmarktsätze festgelegt, da die Banken kaum einen Anreiz haben, Gelder zu Zinssätzen zu verleihen, die unter dem liegen, was sie durch die Haltung von Reserven bei der Zentralbank verdienen können.
Vorteile:
- Ermöglicht einen passiveren Ansatz bei der Steuerung der kurzfristigen Zinssätze, da die Zentralbank nicht aktiv auf den Geldmärkten intervenieren muss.
- Hilft sicherzustellen, dass die Kurzfrist-Zinsen nicht unter ein bestimmtes Niveau fallen, was die geldpolitische Transmission und die Finanzstabilität unterstützen kann.
- Dies kann die geldpolitische Transmission und die Finanzstabilität unterstützen. Es kann besonders in einem Umfeld mit überschüssiger Liquidität oder wenn die Zentralbank akkommodierende monetäre Bedingungen aufrechterhalten will, wirksam sein.
Nachteile:
- Kann zu weniger Flexibilität bei der Reaktion auf Veränderungen der wirtschaftlichen Bedingungen oder der Marktdynamik führen.
- Kann zu Problemen bei der Verwaltung von Überschussliquidität führen, wenn die Zentralbank die Geldpolitik straffen muss.
- Im Vergleich zu einem Korridorsystem kann die Verankerung der Markterwartungen weniger wirksam sein.
Warum war ein neuer Rahmen notwendig?
Nachdem die EZB in den letzten zehn Jahren durch massive Anleihekäufe riesige Mengen an Liquidität in das Finanzsystem gepumpt hat (QE: quantitative easing), debattiert sie seit einigen Monaten darüber, zu welchem "operativen Rahmen" sie nun wechseln soll, da ihre Vermögenswerte schrumpfen (QT: quantitative tightening).
Die EZB plant also - mit Überarbeitung ihrer Verbindungen zum Finanzsystem - mehr Kredite an Geschäftsbanken zu vergeben und gleichzeitig ihr umfangreiches Anleihe-Portfolio zu verkleinern.
Die EZB will zudem bestrebt sein, die Tagesgeldsätze in einem engen "Korridor" zwischen dem Einlagensatz, den sie den kommerziellen Kreditgebern für das von ihr gehaltene Geld zahlt, und dem höheren Refinanzierungssatz, den diese für Kredite bei der Zentralbank zahlen müssen, zu halten.
Das neue System der EZB sieht daher aus wie eine Mischung aus dem System der US-Notenbank, die ein ausreichend großes Anleiheportfolio vorhält, um eine ausreichende Liquidität der Banken aufrechtzuerhalten, und dem System der Bank of England, das sich darauf konzentriert, den Banken durch regelmäßige kurzfristige Finanzierungsoperationen so viel Geld zu leihen, wie sie benötigen.
Obwohl die Wirtschaft in der Eurozone seit mehr als einem Jahr lang stagniert, liegt der Einlagensatz der EZB seit September auf dem Niveau von 4%.
Der allmähliche Rückgang der Inflation (v.a. auf der Produzenten-Ebene) macht deshalb Zinssenkungen notwendig, um einen Anstieg der realen Zinssätze zu verhindern, was sonst weiter auf dem Wachstum lasten würde.