Die chinesischen Erzeugerpreise (PPI) sind im Januar zum 16. Mal in Folge gesunken (-2,5%), während die Verbraucherpreise (CPI) den stärksten Rückgang (-0,8%) seit 2009 verzeichneten und damit zum Vierten Mal in Folge zurückgingen.
Der deflationäre Druck hält nun seit weit mehr als einem Jahr an. Dies unterstreicht, wie schwierig es für Peking ist, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wieder anzukurbeln.
Bemerkenswert ist der Rückgang der Schweinefleischpreise um 17,3% im Januar gegenüber dem Vorjahr, der unter einem erheblichen Überangebot leidet, nachdem die Behörden in den letzten zwei Jahren im Kampf gegen die Schweinegrippe Maßnahmen ergriffen hatten, um das Angebot an Chinas Grundnahrungsmitteln energisch wiederherzustellen.
China ist ein klarer Ausreißer unter den großen Volkswirtschaften der Welt, die zumeist mit einem starken Preisanstieg, der durch die COVID 19 Pandemie und die Störungen in den Lieferketten ausgelöst worden war, ringen.
Vor diesem Hintergrund stellen sich zumindest zwei Fragen:
Warum steht China am Rande einer Deflation?
Was sind die möglichen Auswirkungen auf den Rest der globalen Wirtschaft?
Zur ersten Frage:
Die jüngsten offiziellen und privaten Umfragen zur Produktionstätigkeit zeigen, dass der zunehmende Wettbewerb auf dem Markt die Verhandlungsmacht chinesischer Unternehmen eingeschränkt und die Erzeugerpreise gedrückt hat.
Das heisst, dass die weltweite Nachfrage relativ schwach bleibt.
Der asiatische Riese hat Schwierigkeiten, die Wirtschaftsdynamik seit den ausserordentlichen Maßnahmen, die Ende 2022 ergriffen wurden, um eine grossräumige Verbreitung des COVID 19-Virus einzudämmen, wiederzuerlangen.
Dazu kommt, dass nervöse Anleger inzwischen angesichts einer sich verschärfenden Immobilienkrise und der Schuldenrisiken der lokalen Behörden chinesische Aktien abstossen.
Der massive Ausverkauf an den Aktienmärkten ist ohne Zweifel, wenn auch teilweise, für den Stimmungsrückgang und den damit verbundenen Konsum verantwortlich.
Der Preis-Rückgang entpuppt sich mit anderen Worten als ein Indiz für den schwachen Inlandskonsum.
Und Deflation scheint sich vor diesem Hintergrund zu verfestigen.
Zur zweiten Frage:
Paul Donovan schreibt zwar im UBS-Blog, dass die globalen Auswirkungen minimal sind.
Die Lebensmittelpreise in Shanghai haben keinen Einfluss auf die Lebensmittelpreise in Seattle oder Stuttgart. Die chinesischen Verbraucherpreisdaten spiegeln auch das chinesische Konsummuster wider, das sich von den Ausgaben der Verbraucher in den Industrieländern unterscheidet. Die Deflation in China könnte sich vor allem über die Folgen der künftigen politischen Reaktion Chinas auf die Industrieländer auswirken.
Doch eine festgefahrene Deflation in China kann aufgrund des Landes als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und wichtiger Handelspartner für viele Länder erhebliche Auswirkungen auf die übrige Weltwirtschaft entfalten.
Hier sind einige Möglichkeiten, wie sich der Deflationsdruck in China auf die Weltwirtschaft auswirken kann:
Sollte es in China zu einer Deflation kommen, kann dies zu einem Rückgang der Konsumausgaben und Investitionen führen, sowohl im Inland als auch bei den Importen.
Dies kann Länder betreffen, die stark auf Exporte nach China angewiesen sind, beispielsweise Rohstoffexporteure und -hersteller in Asien, Afrika und Lateinamerika.
Der Deflationsdruck Chinas kann weltweit zu disinflationären Trends beitragen, da niedrigere Preise für chinesische Exporte zu einem Wettbewerbsdruck auf andere Exportländer führen können, ihre Preise ebenfalls zu senken. Dies kann in verschiedenen Teilen der Welt zu gedämpften Inflationsraten führen.
Zentralbanken und politische Entscheidungsträger in anderen Ländern müssen möglicherweise ihre Geld- und Fiskalpolitik anpassen, um auf den von China ausgehenden Deflationsdruck zu reagieren.
Dies könnte die Umsetzung von Konjunkturmaßnahmen zur Ankurbelung der Inlandsnachfrage oder eine Anpassung der Wechselkurspolitik zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit umfassen.
Eine dritte und wichtige Frage zum Anschluss lautet, warum es viel schwieriger ist, die Deflation zu bekämpfen als die Inflation?
In erster Linie betrifft die heikle Angelegenheit die Erwartungen:
Inflation geht oft mit der Erwartung steigender Preise einher, die manchmal zu selbsterfüllenden Prophezeiungen werden können. Wenn die Menschen mit steigenden Preisen rechnen, sind sie möglicherweise eher bereit, jetzt als später Geld auszugeben, was die Nachfrage und die Wirtschaftstätigkeit ankurbelt.
In einem deflationären Umfeld können die Erwartungen jedoch in die entgegengesetzte Richtung wirken. In Erwartung künftig niedrigerer Preise könnten Verbraucher Käufe hinauszögern, was zu einer geringeren Nachfrage und weiterem Deflationsdruck führen würde.
Aber auch die Schuldenlast kann Schwierigkeiten auslösen:
Deflation erhöht die reale Schuldenlast, weil der Wert des Geldes mit der Zeit steigt. Dies kann für Kreditnehmer, darunter Privatpersonen, Unternehmen und Regierungen, besonders problematisch sein. Wenn der reale Wert der Schulden steigt, wird es schwieriger, sie zurückzuzahlen, was zu möglichen Zahlungsausfällen und finanzieller Instabilität führt.
Deflation kann zudem auch das Problem der Liquiditätsfalle mit sich bringen:
In schweren Deflationsszenarien kann eine Volkswirtschaft in eine Liquiditätsfalle tappen, in der die Nominalzinsen nahe Null liegen, die Ersparnisse aber immer noch die Investitionen übersteigen. Diese Situation kann die Wirksamkeit der Geldpolitik beeinträchtigen, da eine weitere Senkung der Zinssätze die Kreditaufnahme und die Ausgaben möglicherweise nicht ausreichend stimuliert, um die Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln.