Die Ratingagentur Fitch hat den Ausblick für China von stabil auf negativ revidiert.
Die Begründung: Die chinesische Regierung werde sich wahrscheinlich weiter verschulden, um die Wirtschaft aus dem immobilienbedingten Abschwung zu holen.
«Pekings Bestreben, das Wachstum weniger vom Immobilienmarkt abhängig zu machen, setzen die öffentlichen Finanzen des Landes unter Druck.»
Mit anderen Worten scheint Fitch besorgt über die gegenwärtige Rolle der Fiskalpolitik bei der Unterstützung des Wachstums der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt.
Die Argumentation: Der «Aufwärtstrend» in Sachen Verschuldung könnte anhalten.
Die chinesische Regierung hat sich umgehend gewehrt und erklärt, die Ratingagentur habe die Rolle der Finanzpolitik zur Ankurbelung des Wachstums, die zur Stabilisierung der Schuldenlast beiträgt, nicht berücksichtigt.
Wie reagierten die Finanzmärkte darauf?
Die kurze Antwort lautet: unbeeindruckt.
Denn die Rendite 10-jähriger chinesischer Staatsanleihen veränderte sich kaum und lag bei 2,29 %, und auch der Yuan blieb stabil.
Zur Erinnerung: Die aktuelle Entscheidung von Fitch entsprach einem ähnlichen Bericht von Moody's Investors Service im Dezember.
Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) lag die Staatsverschuldung Chinas Mitte letzten Jahres bei fast 80% des BIP und damit etwa doppelt so hoch wie Mitte der 2010er Jahre.
Das ist deutlich weniger als in vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften wie Japan und den USA, aber für ein Schwellenland relativ hoch.
Doch Pekings eigenes Maß für die Staatsverschuldung zeigt, dass diese Ende 2023 bei 56% des BIP liegen wird, was seit der Pandemie einen starken Anstieg bedeutet.
Bemerkenswert ist die erste Stellungnahme von Fitch zu der Entscheidung der Bank of Japan (BoJ), die Leitzinsen wieder in den positiven Bereich anzuheben.
Japan bemüht sich bekanntlich nach einer mehrere Jahre anhaltenden Phase von Deflation die Inflationsdynamik unter Kontrolle zu bringen.
Fitch geht davon aus, dass eine moderat höhere Inflation positive Auswirkungen auf die gesamte japanische Wirtschaft haben werde, wie z.B. die Förderung einer stärkeren Arbeitsmarktdynamik und die Förderung der Konsolidierung bei den Unternehmen.
Eine straffere Geldpolitik könnte die Inlandsnachfrage schwächen und den Inflationsdruck mindern, indem sie die Kosten für die Kreditaufnahme und die Investitionen erhöht.
Allerdings dürfte dieser Effekt in Japan laut Fitch nicht sehr stark sein, da Unternehmen und Haushalte über solide Bilanzen verfügen, während der Staat einen großen Finanzierungsspielraum genießt.
Fitch Analysten bezeichnen den allgemeinen geldpolitischen Kurs der BoJ als «akkommodierend» und erwarten, dass der Leitzins bis 2025 auf 2,5% steigt.
Angesichts der durchschnittlichen Laufzeit der japanischen Schulden von über neun Jahren dürfte der Aufwärtsdruck auf die Quote durch höhere Kreditkosten jedoch nur allmählich, wenn überhaupt, entstehen.
Auf kurze Sicht werden die Auswirkungen durch eine höhere Inflation aufgewogen, die durch einen stärkeren Deflator und ein Wachstum der Steuereinnahmen zu einer Senkung der Schuldenquote beitragen wird.
Längerfristig könnten steigende alterungsbedingte Kosten die Schuldenstabilisierung weiter erschweren, wenn keine Reformen zur Überholung der Sozialversicherung oder zur Erhöhung der relativ niedrigen Potenzialwachstumsrate Japans durchgeführt werden.
Fitch geht davon aus, dass sich Japans Defizit im Haushaltsjahr bis März 2025 verringern wird.
Bei letzten Aktualisierungen hatte Japan stets eine der höchsten Schuldenquoten («debt-to-GDP») unter den Industrieländern. Dieses Verhältnis ist im Besonderen auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter anhaltende Haushaltsdefizite, eine alternde Bevölkerung und deflationäre Tendenzen.
Die differenzierte kritische Würdigung der Ratingagentur Fitch an China und Japan regt andererseits zum Nachdenken an.
Zur Erinnerung: Bei den Ausgaben und Steuern des öffentlichen Sektors geht es in erster Linie um Politik und erst in zweiter Linie um Wirtschaft.
Der Begriff "Finanzpolitik" hat eine einfache Bedeutung: Verwaltung der öffentlichen Gelder.
Es geht darum, zu verstehen, warum die Anhäufung von Schulden in einigen Fällen zu einer Katastrophe führt, in den meisten Fällen jedoch nicht.
Michael Pettis hat dazu vor einem Jahr geschrieben:
Der Anstieg der chinesischen Schulden ist jedoch nicht das Problem selbst, sondern vielmehr ein Symptom des Problems.
Das eigentliche Problem sind die kumulierten, aber nicht erkannten Verluste im Zusammenhang mit der Fehl-Allokation von Investitionen im letzten Jahrzehnt in überschüssige Immobilien, Infrastruktur und zunehmend auch in die Produktion.
Diese Unterscheidung ist notwendig, da sich ein Großteil der Diskussion über die Lösung der Schulden bisher auf die Verhinderung oder Minimierung von Störungen im Banken-System und auf der Passivseite der Bilanzen konzentriert hat.
Diese sind wichtig – die Art und Weise, wie Verbindlichkeiten gelöst werden, wird die Verteilung der Verluste auf verschiedene Sektoren der Wirtschaft bestimmen –, aber es ist wichtig zu verstehen, dass die Probleme nicht auf der Passivseite der chinesischen Bilanzen entstehen, sondern auf der Aktivseite, wie der amerikanische Professor für Finanzen an der Guanghua School of Management der Peking-Universität in Peking weiter argumentiert.
Bei jeder Verschuldung spielt es eine zentrale Rolle, ob eine Schuld gesichert ist und durch einen veräußerbaren Vermögenswert ausgeglichen wird, ebenso wie die Unterscheidung zwischen Beständen und Strömen.
Für alle Einheiten von Kreditgebern und Kreditnehmern, Haushalte, Unternehmen und Regierungen, sind Einnahmen und Ausgaben Ströme («flow»), und Schulden sind ein Bestand («stock»), der sich aus dem Saldo zwischen beiden ergibt.
Das Klischee, dass Inflation gut für Schuldner und schlecht für Gläubiger ist, gilt für die gesamte Einkommensverteilung.
Die Inflation macht es den Einheiten leichter, ihre Schulden zu bedienen, weil ihr Geldeinkommen steigt, während der Wert ihrer Altschulden nicht steigt.
Vor diesem Hintergrund gilt es tiefgründig wichtig, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Schlagzeile einer bekannten Zeitung aus Zürich «Frankreich droht zu einem finanzpolitischen Problem für Europa zu werden, wie Griechenland. Nur viel größer.» nichts anderes als eine grobschlächtige Meinungsmache ist.