Angebotspolitik – Arbeitskräfteangebot und öffentliche Infrastruktur
Modern Supply-Side Economics
Die frühere Notenbankchefin der USA, Janet Yellen hat neulich in einer Rede vor dem Weltwirtschaftsforum (WEF) gesagt, dass die Regierung Biden die Wirtschaftskapazität der USA steigern wolle, indem sie sich auf Themen wie das Arbeitskräfteangebot und die öffentliche Infrastruktur konzentriere.
Der Ansatz der Regierung sei eine Abkehr von der traditionellen angebotsseitigen Wirtschaft.
Bekanntlich widerspricht die angebotsorientierte Theorie staatlichen Konjunkturprogrammen und Investitionen, weil solche Massnahmen sich angeblich nur kurzfristig auswirken und durch öffentliche Kreditaufnahme «crowding-out» auslösen.
Zur Erinnerung: Die dominante Phase der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik hat in den 1980er Jahren stattgefunden. Zu den radikalen Vertretern gehören Ronald Reagan in den USA und Margaret Thatcher in Grossbritannien an.
Die Massnahmen umfassen i.d.R. Deregulierung (mehr Handlungsraum für die Finanzindustrie), Steuersenkungen (für Unternehmen und Reiche), «Flexibilisierung des Arbeitsmarktes» («hire-and-fire» policy und Lohnunterdrückung) und Sicherung der Preisniveaustabilität (zu Lasten von Vollbeschäftigung).
"Unser neuer Ansatz ist weitaus vielversprechender als die alte angebotsseitige Wirtschaftspolitik, die ich als gescheiterte Strategie zur Steigerung des Wachstums betrachte", sagte Yellen mit Nachdruck.
Das ist bemerkenswert.
Denn es ist ein offenes Geheimnis, dass die «Trickle-Down» Theorie kläglich gescheitert ist. Die versprochenen Gewinne für die Wirtschaft sind ausgeblieben. Auch die Deregulierung hatte eine schlechte Erfolgsbilanz, z.B. in Bezug auf die Umweltpolitik, die ja zugleich Sozial- und Wirtschaftspolitik ist.
Immer mehr Ökonomen und Analysten sind sich heute weitgehend einig, dass die Fiskal-Politik eine erhebliche stimulierende Wirkung auf eine Wirtschaft hat, in der keine Vollbeschäftigung herrscht.
Und dass eine angemessen gestaltete Finanzpolitik das Wirtschaftswachstum und die langfristige Kapitalbildungsrate erhöhen kann.
Die Steuerung des Konjunkturzyklus sollte daher nicht der Fed überlassen werden. Eine aktive Fiskal-Politik ist erforderlich.
Wirtschaftswissenschaft sieht also eine zentrale Rolle für die Fiskal-Politik, sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite.
Es wäre nicht vermessen, zu unterstreichen, dass wir heute einen profunden Wendepunkt in der Geschichte der konstruktiven Wirtschaftspolitik beobachten, welche dem allgemeinen öffentlichen Interesse dienen soll.