Buchbesprechung
Pavlina R. Tcherneva: The Case for A Job Guarantee”, Polity Books, June 2020.
Bevor das Coronavirus zuschlug, debattierte die Demokratische Partei über zwei ehrgeizige politische Pläne: die Arbeitsplatzgarantie (Job Guarantee) und ein universelles Grundeinkommen (Universal Basic Income).
Ein universelles Grundeinkommen (UBI) wäre eine Art Scheck, der regelmässig an jede Person im Land gesendet würde. Die Idee ist, einen Boden für den Lebensstandard aller zu schaffen.
Eine Arbeitsplatzgarantie (JG) ist im Wesentlichen eine öffentliche Beschäftigungsmöglichkeit: Wer Arbeit will, bekommt einen Job in seiner Gemeinde, finanziert vom Bund mit Sozialleistungen zu einem angemessenen Existenzminimum.
Pavlina Tscherneva beschreibt in ihrem Buch, dass die Aufgabe von JG darin besteht, sowohl Arbeitslosigkeit als auch Hungerlohn zu beseitigen. Die Jobgarantie ist quasi das Gegenmittel zur NAIRU (non accelerating inflation rate of unemployment).
Im Universum der makroökonomischen Stabilisierungspolitik gibt es laut Tscherneva nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir setzen weiter auf den bestehenden Stabilisator der Arbeitslosigkeit oder wir ersetzen ihn durch einen Beschäftigungsstabilisator.
JG ist das letztere, ein Beschäftigungsprogramm mit existenzsichernden Löhnen, das sich mit den Veränderungen der wirtschaftlichen Bedingungen ausdehnt und schrumpft.
Zum Hintergrund: staatliche Garantien in Form von öffentlichen Optionen und Preisstützungsregelungen sind durchaus üblich.
Überlegen Sie, unterstreicht Tscherneva, wie Preisstützungen für Agrarrohstoffe funktionieren. Regierungen auf der ganzen Welt haben eine Reihe von Methoden zur Festsetzung und Stabilisierung von Rohstoffpreisen eingesetzt.
Häufig geschah dies über so genannte Pufferlager-Programme, bei denen die Regierung bei einem plötzlichen Nachfragerückgang die überschüssige Produktion eines Rohstoffs (z.B. Mais) zu einem vorher festgelegten Preis aufkaufte und dann zum Verkauf freigab, sobald die Nachfrage nach dem Rohstoff wieder anstieg.
Pufferlager-Programme sorgen dafür, dass der Preis des Rohstoffs nicht unter den staatlich festgelegten Preis fällt.
Was die Beschäftigung betrifft, so hat die Regierung zwar einen staatlichen Mindestlohn eingeführt, aber kein vergleichbares Programm zur Beschäftigung von Arbeitslosen.
Das JG würde wie ein Beschäftigungspufferprogramm wirken, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass es die Lohnuntergrenze, die Preise und die Wirtschaft insgesamt stabilisiert, wie die Autorin ausführlich weiter argumentiert.
Nun, wie wird JG umgesetzt? Wie kann man JG praktikabel machen?
Es gibt einen wichtigen wirtschaftlichen Grund, warum groß angelegte Sicherheitsnetze, öffentliche Optionen, Preisstützungssysteme und andere Garantien normalerweise in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen.
Wir erleben regelmäßig, dass die Regierung sofort "das Geld findet", wenn sie Bankenrettungen (bail-outs), Steuersenkungen für Milliardäre oder endlose Kriege finanziert.
Der US-Kongress beispielsweise stimmt für die Programme, bewilligt den Haushalt und stellt einen Scheck aus, den die Fed dann verrechnet.
Die Staatsausgaben versorgen die Wirtschaft mit Geld, während die Steuerzahlungen einen Teil des Geldes aus dem Verkehr ziehen. Letzteres hat den Effekt, dass alle potenziellen inflationären Auswirkungen der Ausgaben ausgeglichen werden.
Die Fähigkeit einer monetär souveränen Regierung, ihre öffentliche Option zu garantieren, hängt nicht von der Verfügbarkeit von Finanzmitteln, sondern von der Verfügbarkeit realer Ressourcen ab.
Solange es arbeitslose Ressourcen gibt, die in der heimischen Währung zum Verkauf stehen, kann es sich die Regierung immer leisten, sie einzusetzen.
Da sich die Beschäftigung im privaten Sektor zyklisch entwickelt, wird sich die Arbeitsplatzgarantie notwendigerweise antizyklisch entfalten.
Die Autorin bietet dazu eine vom Research Team des Levy Economics Institute durchgeführte Simulation für das ambitionierte JG-Programm mit ausgewählten Parametern.
JG steigert das reale BIP um fast eine halbe Billion Dollar und erhöht die Beschäftigung im privaten Sektor um 3 bis 4 Millionen Arbeitsplätze, ohne dass es zu einer gesamtwirtschaftlich bedeutsamen inflationären Wirkung kommt.
Pavlina Tscherniva zeigt als Leitfaden mit stichartigen Aussagen und ausreichend Evidenz den Weg zu einer gedeihlichen Wirtschaftspolitik zum Wohl aller Menschen auf. Ein intellektuell erfrischendes und intuitiv wahrnehmbares Buch.